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Das Meisterwerk von André Lanskoy

Portraitsammlung von Wilhelm Uhde

Mehr als 75 Jahre galten sie als verschollen: drei Familienporträts des Kunsthändlers und Autors Wilhelm Uhde (1874 – 1947). 2016 entdeckte und erwarb Kunstsammler Peter Büttner aus Lauf an der Pegnitz die zwei Werke des Malers Andrè Lanskoy und ein Selbstporträt von Helmut Kolle im Kunsthandel. Geschätzter Gesamtwert mehr als eine halbe Million Euro. Viele Jahrzehnte hatten sie, verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit, in einem Keller gelagert.

Die drei bislang verschollene Portraits aus Uhdes Sammlung, die einen besonderen biographischen Bezug haben sind nun erstmalig noch bis zum 7. Januar im Lille Métropole, musée d’art moderne, d’art contemporain et d’art brut, kurz LaM, zu sehen. „De Picasso à Séraphine, Wilhelm Uhde et les Primitifs modernes“ ist die Sonderausstellung in dem Museum für moderne Kunst, zeitgenössische Kunst und Art brut in der nordfranzösischen Stadt Lille betitelt und zeigt Werke, die Wilhelm Uhde seinerzeit zusammentrug.
Uhde kam 1904 nach Paris und gilt als Entdecker Picassos, der Kubisten und der so genannten Primitiven. Im ersten Weltkrieg verlor er seine bedeutende Kunstsammlung, die als Feindesgut beschlagnahmt wurde. Dennoch zog es ihn in den 20er Jahren bis zu seinem Tod wieder nach Frankreich. Einem breiteren Publikum bekannt wurde Uhde, der 1947 weitgehend vergessen in Paris verstarb, in der letzten Zeit durch den mit sieben Césars ausgezeichneten Film „Séraphine“, der vom Aufenthalt des Kunstsammlers in Senlis und seiner Entdeckung der Malerin Séraphine Louis handelt.
Sehr persönliche Gemälde in der Sonderausstellung in Lille dürften nun die drei Familienporträts des Kunstsammlers sein: Andrè Lanskoy (1902 – 1976) malte Uhde wohl um 1929 im blauen Frauenkleid. In der Öffentlichkeit hätte das Skandalbildnis der späten 20er und Zeugnis schwuler Selbstinszenierung den Kunstsammler damals sicherlich in Bedrängnis gebracht. Auf dem zweiten Gemälde ist die berühmte russische Malerin Sonia Terk (1885 – 1908) zu sehen, mit der Uhde 1908 für kurze Zeit eine Scheinehe einging. Bei diesem handelt es sich um das einzige bekannte Porträt der Künstlerin weltweit. Er konnte dadurch seine Homosexualität verbergen, sie konnte sich von ihren Eltern emanzipieren. Bekannter wurde sie nach ihrer zweiten Heirat unter dem Namen Sonia Delaunay. 1917 lernte Uhde dann den ein Vierteljahrhundert jüngeren Hellmut Kolle kennen, die beiden wurden ein Paar. Und so zeigt das dritte Gemälde Kolle im Selbstporträt. Es trägt den Titel „le cuisinier et le coq“, entstand wohl um 1924 nach dem gemeinsamen Umzug der beiden Männer nach Paris und gilt als Kolles kleinstes Selbstporträt in Öl und ist das „Pariser Erstwerk von Kolle“.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden um 1940 wohl einige Bilder der Sammlung Uhde mit Hilfe des damaligen Direktors des Kunstmuseums Basel, Georg Schmidt, in die Schweiz gebracht, um sie vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu schützen. Diese beschlagnahmten und plünderten kurz darauf Uhdes Wohnung in Paris. Beteiligt an der Bilderrettung war auch der Schweizer Politiker Regierungsrat Fritz Hauser, der seinerzeit den Bau des Kunstmuseums Basel maßgeblich vorangetrieben hatte und als bedeutender Förderer der Basler Bildungs- und Kulturpolitik gilt. Als „Fluchthelfer“ hatte sich Museumsleiter Georg Schmidt übrigens auch schon 1939 hervorgetan: Er hatte den Ankauf von Werken vorangetrieben, die die Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ eingestuft hatten. Jedes einzelne Bild, das aus der Kiste stieg, habe er „wie einen heil über die Grenzen gelangten Menschen“ begrüßt, schreibt Schmidt in einem Brief vom 15. Juli 1939.
Wie jetzt aus einem Schreiben von Hausers entfernteren Nachfahren hervorgeht, befanden sie sich wohl über Jahrzehnte in deren Privatbesitz und lagerten, verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit, im Keller. Ein paar Bilder gingen damals wohl von Uhde „quasi als Belohnung und Dank“ für die Rettungsaktion während des Zweiten Weltkriegs in den Familienbesitz über, darunter die Bilder von Lanskoy und Kolle.
Nun will sich auch der Schweizer Historiker Professor Georg Kreis des Falles annehmen, der sich seit vielen Jahren kritisch mit dem Verhalten der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs auseinandersetzt. Der Geschichtswissenschaftler ist unter anderem Co-Autor des 2001 erschienen Werks „Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933–1945“.

Es ist Peter Büttner zu verdanken, den Wert der Bilder und die Einordnung in Uhdes Biographie erkannt zu haben, sie als Leihgabe der Ausstellung zu Verfügung gestellt und damit bekannt gemacht zu haben.

Dr. Stefan Heinrich Nolte - Marburg

Verantwortlich: P. Büttner, Lauf
Dauer: 2 Minuten

Sendetermin:

Weitere Sendetermine:

Mittwoch,
22. April 2020
07:57 Uhr

Sonntag, 22. August 2021 - 22:52 Uhr
Samstag, 28. August 2021 - 14:52 Uhr
Montag, 16. Januar 2023 - 19:06 Uhr

  

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Die Porträts von Wilhelm Uhde - André Lanskoy